Verbotene Jagd – Wilderern auf der Spur zwischen Schwarzwald und Schönbuch
Neuenbürg. Als Wildern bezeichnet man die Jagd auf Wildtiere von Personen, die dazu keine Erlaubnis haben. Historisch gesehen, gibt es Wilderei erst seit dem 15. Jahrhundert, nämlich seit dem Zeitpunkt, als die Herrschaft eines Landes einen alleinigen Anspruch auf die Jagd erhob. Das Jagen galt als die höchste und edelste Form des Zeitvertreibs adliger Herrschaften. Andere Bevölkerungskreise waren von der Jagd weitgehend ausgeschlossen. Im Gegenteil: Sie hatten sich im Rahmen von Jagdfronen als Treiber zur Verfügung zu stellen, hatten Hunde bereit zu halten und bei Jagdfesten die umfangreiche Vorbereitung zu leisten. Nicht zuletzt litten die Bauern schwer unter dem hohen Wildstand, den die Herrschaft für die Jagd benötigte. Die Tiere versorgten sich auf den Feldern mit Nahrung, ganz oder teilweise verlorene Ernten verschärften für die ohne ärmere Bevölkerungsschicht die Ernährungssituation.
Aus den Straferkenntnissen des 16. Jh. im Raum Pforzheim geht hervor, dass mehr als 10 % der Personen, die mit Urfehden und Landesausweisungen belegt wurden, wegen Wilderei angeklagt war. Vor allem im 17. und 18. Jh. waren die Strafen unangemessen hart: Blendung, Kerkerhaft, Galeerenhaft, Ruthenstrafen, sogar Hinrichtungen kamen vor. In jüngerer Zeit wurden Gefängnishaft und Geldbußen verhängt.
Über die Tatmotive von Wilderern geben mehr oder weniger ausführliche schriftliche Quellen und mündliche Berichte Belege ab: Vielfach war es Nahrungsknappheit und Schadensbegrenzung, wenn es darum ging, Wildtiere von den Äckern zu vertreiben. Immer gab es aber auch Personen, die ihrer Jagdleidenschaft nachgingen oder deren „kriminelle Energie“ sie antrieb. Letztere treten im 19. und 20. Jh., als sich die Ernährungssituation für alle Bevölkerungsschichten gebessert hatte, noch stärker hervor.
Den Angehörigen der Forstverwaltung oblag die schwierige Aufgabe, die Wilderer zu stellen und der Justiz zuzuführen. Dabei setzten sie sich selbst großen Gefahren aus: Allzuoft kamen sie dabei ums Leben oder wurden schwer verletzt.
Fast 300 Jahre lang war das Schloss Sitz des Staatlichen Forstamtes Neuenbürg. Und so lange auch waren Forstbeamte mehr oder weniger intensiv damit befasst, Jagdvergehen im Neuenbürger Forst zu verfolgen. Es gab durchaus spektakuläre Fälle: Baron von Wechmar, der Mitte des 18. Jh. hier Oberjägermeister war, wie man den Amtsleiter damals bezeichnete, hatte mit verschiedenen „Erzwilderern“, also Wiederholungstätern, zu tun. Anfang des 19. Jh. war es Graf von Sponeck, der als engagierter Befürworter der herrschaftlichen Jagd die Wilderer besonders nachdrücklich verfolgte. Mehrmals schrieb er an die württembergische Regierung und forderte Scharfschützen an, um die verschiedenen „Wilderernester“ auszuheben. Vor allem den Lehmannshof im Eyachtal hatte er im Verdacht, ein Wildererversteck zu sein. Hier und da wurden im ausgehenden 18. Jh. tatsächlich Scharfschützen eingesetzt, doch Sponeck konnte sich zu seiner Zeit, um 1810, nicht mehr mit diesem Wunsch durchsetzen: württembergische Sparsamkeit – immerhin hätte man Reisekosten bezahlen müssen – und die beginnende Morgenröte der Demokratisierung hatten schon eine Veränderung des Bewusstseins herbei geführt.
Die Bevölkerung hatte das Jagdprivileg der Herrschaft nie wirklich akzeptiert, deshalb war die Forderung nach Jagdfreiheit eine der zentralen Forderungen in der bürgerlichen Revolution von 1848/49. Das zeigte sich auch in Neuenbürg, wo hiesige Einwohner zusammen mit Bauern aus den Amtsorten im März 1848 auf das Schloss zogen, um im Forstamt einmal die Akten anzusehen. Wie der Neuenbürger Historiker Adolf Reile schreibt, kam es dabei auch zu Auseinandersetzungen und etliche Akten sollen aus dem Fenster geworfen sein. Tatsächlich wurden das Jagdprivileg durch die bürgerliche Regierung aufgehoben und die Jagdfronen abgeschafft. Nun war es auch bürgerlichen Waldeigentümern und Kommunen erlaubt, auf die Jagd zu gehen.
Die große Zeit der Wilderei war spätestens um 1960 vorüber. Nur ab und zu wird in unseren Landen noch gewildert. Nennenswert aber ist die Wilderei in Afrika, Indien und anderen Ländern, wo artengeschützte Tiere illegal getötet werden, um daraus Souvenirs für Touristen herzustellen.
Die Ausstellung im ersten Obergeschoss des Südflügels (ehemalige Forstamtsräume) gibt mit nahezu 130 Exponaten zu den unterschiedlichen Themenbereichen einen Überblick über die Jagd. Sie kann von Samstag, 12. März, bis Sonntag, 23. Juli, zu den Öffnungszeiten des Museums besichtigt werden, das heißt Dienstags bis Samstags von 13 Uhr bis 18 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 10 Uhr bis 18 Uhr. Für Gruppen besteht Zugang auch außerhalb dieser Zeiten nach Voranmeldung. Der Eintritt beträgt 2,50 Euro, ermäßigt 1,50 Euro.
Inhalt und Konzept: Elke Osterloh und Dr. Erich Viehöfer, Ludwigsburg
Gestalterisches Konzept: Silvia Schlecht, Karlsruhe
Grafik: Julia Ocker, Neuenbürg
Ausstellungsaufbau: Manfred Lepold, Sven Krause, Christine Nonnenmann, Restauratoren des Badischen Landesmuseums
Bühnenbild: Susanne Paret, Karlsruhe
Malerei: Mike Überall, Karlsruhe
Für Mithilfe danken wir: Helmut Ries, Neuenbürg | Drucke SB-Werbetechnik, Neuenbürg
Für freundliche Unterstützung bedanken wir uns bei:
SB-Werbetechnik, Gerald Kunzmann, Neuenbürg | Kreisforstamt Enzkreis
Leihgeber:
Badisches Landesmuseum | Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg | Akademie der Polizei Baden-Württemberg | Generallandesarchiv Karlsruhe | Strafvollzugsmuseum Ludwigsburg | Deutsches Fischerei- und Jagdmuseum München | Kurpfälzisches Museum Heidelberg | Grafschaftsmuseum Wertheim | Heimatmuseum Bonlanden | Landesmuseum für Technik und Arbeit Mannheim | Württembergisches Landesmuseum Stuttgart | Forstmuseum Carlsberg des Vereins Tauberfränkische Volkskultur Weikersheim | Stadtmuseum Bietigheim-Bissingen | Staatliches Naturkundemuseum Karlsruhe | Staatliches Naturkundemuseum Stuttgart | Bundesamt für Naturschutz, Bonn
Parallel zur Ausstellung „Verbotene Jagd“ im ersten Obergeschoss des Südflügels zeigt die Künstlerin Sinje Dillenkofer im Schlosskeller „Das Duell“.
Die Installation kann als“Portraitserie von jeweils sieben Säugern und Vögeln“ verstanden werden. Die fotografischen Untersuchungsobjekte wurden dem Inventar des 1791 gegründeten Naturalienkabinetts der Herzöge von Württemberg entnommen, die ehemals als Schau- und Studienobjekte archiviert wurden. Dillenkofer zeigt die signifikanten Hüllen der Tierkörper jedoch außerhalb ihrer Relation zur musealen Wirklichkeit, als isolierte Artefakte in einer strikten Typologie. Mit der Bauchseite nach oben gedreht, etwas flach gedrückt, alle Viere von sich gestreckt, werden sie zum Sinnbild des Ausgesetztseins und der Wehrlosigkeit. Als menschengroße Tintenstrahldrucke hängen die Tierbilder in zwei parallel verlaufenen Reihen von der Decke des Schlosskellers herab. Ergänzt wird dieses „Sinnbild der Begegnung und des Zweikampfes des Menschen mit seiner unterdrückten inneren Natur“ durch die Gegenüberstellung zweier kulissenartiger Fotodrucke, die jeweils an den Stirnseiten des Gewölbekellers installiert sind. „Im Schnee“ zeigt eine Gruppe nackter Menschen mit erhobenen Armen in einem unbegrenzt wirkenden Bildraum. Zum Gegenspieler im räumlichen Duell wird der vergrößerte Ausdruck eines mit Filz ausgeschlagenen Kastens mit Hohlformen für zwei zerlegbare Flinten aus der Anfangszeit des 20. Jahrhunderts. Der Eintritt zur Kunstinstallation im Schlosskeller ist frei.