Sonderausstellung „Der Traum vom grünen Gold. Flößerei auf Enz, Nagold und Murg“

Sonntag, 29. Februar – Sonntag, 09. Mai

Bereits in keltischer Zeit nutzte man die Schwimmfähigkeit des Holzes und transportierte Baumstämme auf dem Wasserweg. Bis zum Bau der Eisenbahn seit den 1850er Jahren war die Flößerei die günstigste Möglichkeit, Langholz und geschnittenes Holz über weite Strecken zu transportieren. Als um 1900 die letzten Floße aus dem Schwarzwald über Rhein und Neckar nach Norden trieben, lag die glanzvollste Periode des Holzhandels bereits einhundert Jahre zurück. Die Ausstellung zeigt am Beispiel eines begehbaren Modell-Floßes, wie Flöße zusammengebaut und gesteuert wurden. Filme, Dias, Modelle und Hands-on-Bereiche machen große und kleine Besucher mit einem Beruf bekannt, in dem sich Gefahren mit Abenteuer und dem Traum vom großen Geld mischen.

Die große Zeit der Flößerei begann Ende des 17. Jahrhunderts, als das Herzogtum Württemberg mit den Niederlanden einen Vertrag über die Lieferung von Langholz abschlossen. Ein erster Vertrag einhundert Jahre zuvor scheiterte noch an den technischen Möglichkeiten, Langholz auf den kleinen Schwarzwaldflüssen zu transportieren. Geschnittenes Holz hingegen wurde schon seit Jahrhunderten an den Niederrhein verflößt. In den vielen kleinen Sägmühlen an Enz, Murg und Nagold ließen die Anteilseigner der Schiffergesellschaften die Stämme auf handelsübliche Maße sägen und verflößten sie nach Heilbronn, Mannheim, Köln und Bingen. Als die waldarmen Niederlande Ende des 17. Jahrhunderts ihre Schiffsflotte ausbauten, wandte man sich auch dem Schwarzwald zu, um hier neue Märkte zu erschließen. Der Schwarzwald mit seinen teilweise noch urwaldähnlichen Gebieten bot eine schier unerschöpfliche Menge an starkem Tannen -und Eichenholz. Mehr als einhundert Jahre konnte das Holzreservoir ausgebeutet werden. Tausende von Holländerholz-Floßen wurden auf den Weg nach Norden gebracht. Im Gegenzug floss erstmals Geld in das Armenhaus Nordschwarzwald.

Die Goldgräberstimmung lockte allerdings auch manch zwielichtige Gestalt in die Region, die die mangelnde Erfahrung und fehlende Kontrolle der Obrigkeit für ihre Ziele ausnutzten – literarisch in einzigartiger Form dargestellt in dem Märchen „Das kalte Herz“ (1825) von Wilhelm Hauff. Der Dichter setzt sich hier mit dem Wertewandel auseinander, der in der Folge des internationalen Holzhandels die traditionelle Wirtschaftsstruktur und das menschliche Miteinander gefährdete. Ob Hauff reale Personen im Blick hatte oder lediglich aus Erzählungen sein Märchen schrieb, ist nicht bekannt. Tatsächlich gab es aber Flößer und Holzhändler, die Hauff als Vorbild gedient haben könnten. Dazu zählen sowohl dubiose Gestalten als auch einige der vertrauenswürdigen „Holzkönige“ aus Neuenbürg, Herrenalb und dem Murgtal. Namen wie Lidell, Benckiser, Rindeschwender, Krauth und Dürr stehen ebenso für diesen innovativen Schub im Holzhandel wie auch in der Glasherstellung oder der Metallverarbeitung.

Wenn man heute die kleinen gewundenen Flüsse im Schwarzwald sieht, ist kaum vorstellbar, wie Stämme von 30 Metern Länge, zu Flößen zusammengebunden von weit mehr als 200 Metern Länge, darauf bewegt werden können. Diese einzigartige Leistung konnte nur mit Hilfe von Wasserstuben bewerkstelligt werden, in denen das Wasser gestaut wurde. Auf der Flutwelle gelangte das Floß bis zum nächsten Stauwehr, bis schließlich ein größeres Gewässer erreicht wurde, wo die Floße dann wiederum zu noch größeren Einheiten zusammen gebunden wurden. Geradezu legendär sind die „steifen Stücke“ geworden, die als Kapitalfloße auf dem Rhein nach Dordrecht fuhren.

Als die letzten Floße den Schwarzwald verließen, hatte sich das Gesicht der Landschaft bereits erheblich verändert: Die ehemals mit Eichen, Buchen und Weißtannen bestandenen Flächen waren Fichtenmonokulturen gewichen, die nach den Kahlschlägen nun als Brotbaum angepflanzt wurden. Sie beherrschen noch heute das Bild des Schwarzwaldes. Mit der technischen Entwicklung verschwand nicht nur der Beruf des Flößers, auch die anderen Waldhandwerker wie Harzer, Pottaschesieder, Teerschweler oder Köhler verloren mit dem Fortschritt in der chemischen Industrie ihr bisheriges Gewerbe. Erfreut über diese Entwicklung waren die Mühlenbesitzer mit Wasserkraftantrieb, deren Betrieb nun ohne Störungen laufen konnte. Auch die Kurgäste genossen die abenteuerliche Fahrt auf einem Floß und hatten ihre Gaudi dabei. Heute pflegen Vereine das alte Handwerk, Forstämter unterstützen sie bei dem Wiederaufbau der alten Wasserbauwerke und der Spurensuche nach Relikten in der Landschaft.

Begleitend zur Ausstellung werden Führungen mit ausgewiesenen Spezialisten für das Flößerhandwerk angeboten sowie eine Vorführung über das Drehen von Wieden, Work-Shops für Kinder und eine „Spurensuche“ im Brotenautal, einem Seitental der Enz. Für Schulklassen bieten wir spezielle Führungen.

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